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EW 58 – Einfamilienhäuser in Serie

Bekannt ist der Wohnraum der DDR vor allem für zwei Themen: Plattenbauten und chronischer Wohnungsmangel. Eigenheime spielten in der DDR aus zweierlei Gründen eine untergeordnete Rolle.

Zum einen widerspricht ein Eigenheimbau, der gleichbedeutend mit einem individuellen Lebensstil und individueller Lebensgestaltung ist, dem Kollektivgedanken des SED-Regime. Zum anderen mangelte es an Baustoffen – vorhandene Baustoffe wurden vor allem für Großsiedlungen eingesetzt und fehlten privaten Hausbauern. Wer sich der Herausforderung annahm, ein Eigenheim zu errichten und eine Baugenehmigung erhielt, der musste sich das nötige Baumaterial an allen Ecken und Enden zusammensuchen.
Der Plan des Standard Eigenheim EW 58, der heute noch tausenden Immobilien in Brandenburg zu Grunde liegt, ist dabei sehr gut – so gut, das der niederländische Stadtplaner Ton Matton diesen wieder aufgenommen hat und leicht verändert mit diesem Architekturwettbewerbe gewinnt.

Förderung von Eigenheimen 1972

Die Städte in der Sowjetischen Besatzungszone SBZ und später in der DDR hatten im Krieg stark gelitten. Eine der drängendsten Gesellschaftspolitischen Fragestellung war die Wiederherstellung von ausreichend Wohnraum. Die aus den Ostgebieten des Deutschen Reiches Vertriebenen verschärften die Problematik weiter.

In der DDR setzte das SED-Regime auf den Bau von Großsiedlungen. Nicht nur passte das System Plattenbau mit standardisierten Wohnungen in das ideologische Weltbild des real existierenden Sozialismus. Der industrielle Wohnungsbau, mit dem die Staatswirtschaft ab der Mitte der 50er Jahre in Berlin Johannistal oder im sächsischen Hoyerswerda experimentierte versprach, in kurzer Zeit die Wohnungsnot zu lindern.

Das Problem hier war die große Belastung eines zentralen gesteuerten Wirtschaftssystems, in dem der einzelne kaum zur Lösung seines Wohnungsproblems direkt beitragen konnte. Die Wohnungsnot wurde in der DDR nie wirklich gelöst. Im Rahmen des Neuen Ökonomischen Systems NÖS, das die Lebensverhältnisse der DDR-Bürger in den 70er Jahren verbessern sollte, kam im Politbüro die Idee auf, den industriellen Wohnungsbau zu entlasten und Eigeninitiative zu fördern.

Privater Hausbau nur gegen Eigenleistung

Wer ein Grundstück erworben hatte konnte eine Baugenehmigung und einen günstigen staatlichen Kredit nur erhalten, der sich verpflichtete mindestens 25% der Arbeiten am Haus selbst auszuführen.
Trotz dieser Bedingungen entstanden in den 70er Jahren 40.000 Eigenheime in der DDR – natürlich ebenfalls standardisiert.

Die Vorlage für Hausbauer lieferte der Bauplan für ein Haus des Typs EW 58 – kurz für Einfamilienwohnung 58. Das Konzept des Hauses stammte von 1958 und das Haus war schlicht und einfach. Die Wohnfläche betrug 70 Quadratmeter, drei oder vier Zimmer. Dazu kamen Küche, Bad und Diele.

Trotz des einheitlichen Bauplans war jedes Haus einzigartig. Das Gelingen des Baus hing weniger vom Kapital der Bauherren ab – Kredite waren günstig bis 50.000 DDR Mark zu erhalten und das Haus kostete lediglich um die 40.000M. Vor allem kam es auf Improvisationstalent an, trotz der wenigen Baumaterialien ein Haus zu errichten. Und so hatten manche Häuser hier ein Fenster mehr, ein anderes einen Balkon und noch ein anderes eine Garage.

Das Konzept des Gebäudes ist flexibel – alle möglichen Veränderungen sind möglich. Das so viel improvisiert und selbst gemacht werden musste, sorgte dafür, dass die Besitzer des Hauses stolz auf ihr Werk sein konnten.
In den Niederlanden feiert das Konzept EW 58 als flexibler Entwurf für ein solides Eigenheim ein Comeback.

2. März 2020 19:19